Preußen Münster präsentiert Studie zu ökonomischen Effekten des Klubs
24. Mai 2023Der SC Preußen Münster hat am Mittwoch eine von ihm in Auftrag gegebene Studie zu „regionalökonomischen Effekten“ des Klubs auf die Stadt und das Münsterland präsentiert – und dem Oberbürgermeister Markus Lewe überreicht.
Die wichtigste Aussage darin: In der Regionalliga generiere der Klub angeblich Effekte im Wert rund 25 Mio Euro jährlich für die Stadt. Gemeint sind damit messbare oder indirekt nachweisbare finanzielle Vorteile für die Stadt. In der 3. Liga prognostiziert die Studie Effekte in Höhe von 36 Mio Euro, in der 2. Bundesliga würden diese Zahlen auf über 60 Mio Euro ansteigen.
Erstellt hat die Studie der Beitriebswissenschaftler und Unternehmensberater Alfons Madeja mit seinem Unternehmen SLC Management aus Nürnberg. Das ist u.a. für den DFB tätig, aber auch für diverse Fußballklubs von BVB über Bayern München, Bayer Leverkusen, Fürth oder 1. FC Köln.
Aus Sicht des SCP soll die Studie die Verbindung zur und auch seine Bedeutung für die Stadt untermauern, über die in den vergangenen Tagen viel gesprochen wurde. Aus Sicht von Madeja klingt das im Marketingsprech so: „Die Frage, welchen Effekt ein Fußballverein in wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Hinsicht auf eine Stadt hat, ist oft schwer greifbar, weil sehr viele – weiche wie harte – Fakto- ren berücksichtigt werden müssen. Für den SC Preußen Münster können wir anhand unserer Studie jetzt eine konkrete Antwort darauf geben und sagen: Der Effekt für die Stadt Münster ist beachtlich! Durch den Aufstieg in die 3. Liga wird sich dieser zudem weiter verstärken. Es handelt sich aber nicht nur um eine rein monetär berechenbare, sondern auch um eine qualitativ emotionale Beziehung, die das Bild der Stadt Münster den Menschen regional und national näherbringt.“
Die Zahlen der Studie sind zwar interessant, aber werfen auch ein paar Fragen auf. Zunächst: Der bisherige Effekt von 25 Mio Euro setzt sich zusammen aus:
Effekt für … | Summe |
Beschäftigungs-Effekt | 2,34 Mio Euro |
Gastronomie-Effekt | 5,73 Mio Euro |
Hotellerie-Effekt | 4,01 Mio Euro |
Umsatz-Effekt | 5,89 Mio Euro |
Investitions-Effekt | 0,1 Mio Euro |
CSR-Effekt | 0,1 Mio Euro |
Steuer-Effekt | 0,09 Mio Euro |
Bekanntheits- und Image-Effekt | 7,57 Mio Euro |
Gesamt | 25,88 Mio Euro |
Einige der Punkte sind selbsterklärend. Der Beschäftigungs-Effekt bezeichnet die direkt Angestellten und indirekt verbundene Arbeitsplätze. Beim SCP sind das 163 bzw. 231 Arbeitsplätze, die direkt oder indirekt mit dem SCP zusammenhängen. Das ist plausibel und erst einmal logisch.
Der Gastronomie-Effekt beschreibt die Mehreinnahmen gastronomischer Einrichtungen durch Aktivitäten von Unternehmen bzw. Vereinen. Gerade im Sport sei ein Event für die Mehrheit der Besucher nicht ohne gastronomische Versorgung vorstellbar, heißt es. Auch hier grundsätzlich vorstellbar, auch wenn unklar bleibt, wie die Summe von 5,73 Mio Euro errechnet wurde.
Ziemlich seltsam, um nicht zu sagen: absurd, mutet allerdings der Hotellerie-Effekt an. Die Studie gibt an, dass von rund 800 Auswärtsfans im Schnitt die Hälfte in der Stadt übernachtet – und diese Zahl solle laut Studie „noch weitaus höher ausfallen“, da ja auch viele Heimfans nicht direkt aus Münster kämen und zudem über 42 Prozent der Besucher einen „Wiederholungsbesuch z.B. mit ihrer Familie“ planten…
Nun muss man hinter diese Behauptung mehr als ein dickes Fragezeichen setzen, vermutlich ist das eine reine Fantasiezahl. Mit der Realität anreisender Gästefans, die mit Sonderzug oder Bussen nach Münster reisen und die Stadt am gleichen Tag verlassen, dürfte das nichts zu tun haben. Woher die Studie diese Zahlen nimmt, ist unklar. Verwiesen wird hier allgemein auf eine Studie des Institute of Panel & Public Opinion (IPP), das wiederum zu Madeja gehört. Abrufbar ist dort allerdings nichts, die zu IPP gehörende Webseite ist lediglich zur Kontaktaufnahme gedacht
Wiederum eher plausibel sind Umsatz-Effekte, die sich direkt durch Aufträge des SCP an die lokale Wirtschaft ergeben oder aber sind Auswirkungen durch die Arbeit des SCP. Diese Zahlen sind weitgehend mess- und nachweisbar.
Überdies zahlt der SCP Steuern, übernimmt indirekt auch gesellschaftliche oder öffentliche Aufgaben durch Bildungskooperationen (z.B. Schulpartnerschaften).
Und spannend auch: Die „Marke“ SC Preußen Münster trage erheblich zur Bekanntheit der Stadt bei. Ein Effekt, der in manchen Städten wie Sandhausen oder Kaiserslautern sicher viel höher einzuschätzen ist als in Münster, wo auch TV-Produktionen wie „Wilsberg“ oder „Tatort“ für städtische Bekanntheit sorgen – oder die Universität oder der Ruf als Fahrradstadt. Die Studie hinterlegt diesen nicht klar greifbaren Imagefaktor aber mit immerhin 7,57 Mio Euro. Also die Summe, die für aktive Kampagnen mit gleichem Werbe- oder Imageeffekt aufzubringen wäre. Auch hier gilt: Wie die Summe ermittelt wurde, bleibt unklar – verwiesen wird in der Studie allgemein auf Unterlagen des SCP zur Saison 2022/2023, auf Datenerhebungen durch SLC sowie deren „eigenen Recherchen“.
Zur Ermittlung des Bekanntheits- und Image-Effektes wurde im Rahmen einer Untersuchung des Institute of Panel & Public Opinion u.a. deutschlandweit abgefragt, was Menschen mit der Stadt Münster verbinden. Preußen Münster führt diese Liste mit 72,3 Prozent an – vor dem „Tatort“ mit 65,7 Prozent. Der Haken: Diese Ergebnisse basieren auf einer regionalen, überregionalen und deutschlandweiten Umfrage („Bundesliga-Panel“, durchgeführt von Madejas Unternehmen IPP) unter rund 5.200 Personen, die zum Teil aus Fans/Sympathisanten des SCP, aber auch als solchen anderer Klubs bestehen.
Angesichts der Zahlen liegt auf der Hand, dass Klub und Stadt die Studie gerne als Beleg für die Bedeutung des Sports und seines bekanntesten Trägers bewerten. Geschäftsführer Ole Kittner wird zitiert: „Preußen Münster ist ein starker Botschafter für die Stadt und bietet in vielen Bereichen tolle Möglichkeiten für unterschiedliche Branchen und Unternehmen, um konkrete Mehrwerte zu schaffen. Diese Studie ist so wertvoll, weil sie zeigt, welche enorme Kraft im Miteinander von Verein und Stadt liegen.“
Um ehrlich zu sein: Ein bisschen Wunschdenken ist in der Studie wohl enthalten. In den „Westfälischen Nachrichten“ wird Madeja zitiert: „Die 2. Bundesliga ist das Minimum in Münster, das ist machbar.“ Das ist ein aus der Vergangenheit leider zu gut bekannter Ton, den sich der SCP hoffentlich nach weit über 30 Jahren Dritt- oder Viertklassigkeit nicht so schnell zu eigen macht…
Die Mitteilung der Stadt dazu:
„Der künftige Fußball-Drittligist SC Preußen Münster bringt der Stadt ab der kommenden Saison eine direkte Wertschöpfung in Höhe von 36 Millionen Euro jährlich. Das ist das Ergebnis einer vom Verein beauftragten Studie von Prof. Dr. Alfons Madeja, Professor für Betriebswirtschaft und Sportmanagement. Oberbürgermeister Markus Lewe nahm die wissenschaftliche Untersuchung in dieser Woche von Preußen-Geschäftsführer Ole Kittner entgegen. Derzeit generiert der SCP der Studie zufolge mehr als 25 Millionen Euro regionalökonomische Effekte pro Jahr.
„Welche Bedeutung der SC Preußen Münster für unsere Stadt und für die Menschen hier hat, konnte man zuletzt bei der Aufstiegsfeier im Rathaus und auf dem Prinzipalmarkt sehen. Die nun veröffentlichte Studie bestätigt diesen Eindruck und sie macht deutlich, dass die Stadt Münster auch wirtschaftlich vom Verein profitiert. Unser Ziel ist es, diesen Effekt – beispielsweise durch die Investitionen in den Stadionumbau – weiter zu stärken”, sagte Lewe.
Prof. Dr. Alfons Madeja berechnet in seiner Studie die Auswirkungen des SC Preußen Münster auf unterschiedliche Themenfelder. Diese reichen vom Beschäftigungs-, über den Umsatz- und Investitions- bis zum Steuer-Effekt. Darüber hinaus geht die Studie etwa auf die Effekte auf Gastronomie und Hotellerie ein und betrachtet die Bekanntheits- und Imageeffekte des Vereins.
„Preußen und Münster, das passt! Münster ist eine außergewöhnliche Stadt und das Münsterland eine sehr attraktive Region. Diesen Standortfaktor wollen wir über eine enge Verzahnung nutzen und freuen uns, dass dieser Effekt nachweislich eine Win-Win Situation darstellt, denn Preußen ist auch ein starker Botschafter für die Stadt und bietet in vielen Bereichen tolle Möglichkeiten für unterschiedliche Branchen und Unternehmen, um konkrete Mehrwerte zu schaffen“, sagte SCP-Geschäftsführer Ole Kittner. „Diese Studie ist so wertvoll, weil sie zeigt, welche enormen Potenziale im Miteinander von Verein und Stadt liegen.“
Die Aussagen zur „Marke“ Preußen Münster sind leider auch unseriös. Sie berufen sich auf eine Umfrage unter mehr als 5.000 Fußballfans in einem „Bundesligapanel“. Mehrfachnennung war möglich. Das heißt, unter den Fußballfans verbinden 72% Münster AUCH mit Preußen Münster.
Für mich ist dieses Ergebnis eher erschreckend, heißt es doch, dass knapp 28% Preußen NICHT erwähnt haben, wenn sie in einer Fußballumfrage nach der Stadt Münster gefragt werden.
Daraus zu schließen, dass Preußen die bekannteste „Marke“ der Stadt in Deutschland sei, ist wissenschaftlich nicht zu halten. Und wie man dann auf die Summe kommt ist auch ungeklärt.
Ich habe deutschlandweit gearbeitet und jedes Mal, wenn ich erwähnte, dass ich aus Münster komme, wurde Preussen ergänzt, nicht das subventionierte Theater, nicht der beschenkte Zoo, nicht der gebührenfinanzierte Tatort.
Den genauen Wert dieser Marke zu beziffern ist natürlich nicht einfach.
Bzgl Stadtgröße und Entwicklungspotential verweise ich auf Augsburg und den dortigen FCA, ein Musterbeispiel für Verein+Stadt.
Für mich, der dort gewohnt und nah am Geschehen war, immer noch die beste Orientierung.