Kurzer Wirbel um Facebook-Likes von Yassine Bouchama
21. Juni 2022Ein neuer Spieler beim SC Preußen Münster? Dann schwärmen die digital-affinen Fans des Klubs aus und suchen nach den Social-Media-Auftritten des Spielers. Folgen, liken, abonnieren – Hauptsache nah dran. Im Falle von Neuzugang Yassine Bouchama brachte das am Montag allerdings überraschende Ergebnisse.
Es dauerte nur kurze Zeit, ehe der SC Preußen Münster am Montag zahlreiche Hinweise auf problematische „Gefällt-mir“-Angaben von Yassine Bouchama (Artikelfoto: SCP) erhielt. Der Spieler hatte über seinen Facebook-Account verschiedene rechtslastige Seiten mit „Gefällt mir“ markiert, darunter die AfD, aber auch Alice Weidel und sogar einen NPD-Account. Allerdings auch die Seite der „Grünen“ und das überraschte dann ja doch.
Screenshots der Likes machten die Runde, wurden via WhatsApp und Co. getauscht, schnell wusste der Teil der Preußenfans Bescheid, der digital zuhause ist. Dann verschwanden die kritischen Likes aber vom Facebook-Profil, mittlerweile gibt es keine sichtbaren Spuren mehr davon bei Bouchama, dessen Facebook-Account allerdings sonst auch keinerlei problematischen Inhalte zeigt. Sondern vor allem Fotos und harmlose Inhalte. Keine Spur von rechtem Gedankengut. Wohl auch, weil Bouchama seinen gesamten Account mittlerweile offline genommen hat.
Schnelle Gespräche
Beim SCP war am Montag aber zunächst einmal ein Warnsignal angegangen. Einen Tag nach der Satzungsänderung gegen sexualisierte Gewalt, gegen Rassismus und Diskriminierung und mitten in einem laufenden Leitbild-Prozess, der Preußens Haltung gegen jede Fremdenfeindlichkeit dokumentieren soll, passt es gar nicht ins Bild, einen vermeintlich rechts orientierten Spieler zu verpflichten. Sportchef Peter Niemeyer suchte schnell das Gespräch mit Bouchama, der gab sich – so ist zu hören – ziemlich überrascht.
Um das einzuordnen: Indem man fremden Accounts „folgt“ oder sie mit „Gefällt mir“ markiert, werden Inhalte dieser Seiten automatisch in der eigenen Timeline, also der Profilseite angezeigt. Man folgt, um zu sehen, was ein anderer Account veröffentlicht. Facebooks Wortwahl „Gefällt mir“ ist missverständlich und doppeldeutig – nicht jeder Like bedeutet eben Zustimmung. Und überhaupt sollte man bei Social Media immer im Hinterkopf behalten, dass maximale Konfrontation und hohe Interaktion die Währung dieser Plattformen ist. Mit friedlicher und ruhiger Kommunikation verdient niemand Geld, Aufreger sorgen für Streit, Streit sorgt für Interaktion und damit für Betrieb – und erst der Betrieb sorgt für Geld durch Werbeeinnahmen.
Für den Klub ging es dann wohl um die Frage: Lieber schweigen, um dem Thema nicht noch zusätzliche Dynamik zu verleihen? Oder offensiv in die Öffentlichkeit zu gehen, um jedes Missverständnis auch deutlich anzusprechen und aufzuklären. Die Entscheidung fiel dann auf die zweite Variante.
„Nach den Hinweisen aus dem Umfeld wurden von Sportdirektor Peter Niemeyer umgehend die Gremien informiert und gemeinsam der Austausch mit Bouchama gesucht“, teilte der SCP mit. „Wir sind sehr dankbar über die Rückmeldungen von unseren Fans. Wir haben umgehend das Gespräch mit Yassine gesucht und er konnte uns absolut glaubhaft und nachvollziehbar erklären, dass keinerlei politische Überzeugung hinter seinen Likes steckt. Yassine ist ein politisch sehr interessierter junger Mann, der sich während seines Studiums mit aktuellen gesellschaftlichen Themen intensiv auseinandersetzt.“ Eine Facebook-Seite mit „gefällt mir“ zu markieren, sei also nicht automatisch eine Zustimmung zum dort geteilten Inhalt, sondern ermögliche es auch, dieser Seite zu folgen und sich kritisch damit auseinanderzusetzen, so der Klub.
Und weiter: „Da es diesbezüglich aber zu Irritationen kam, machte Bouchama die betreffenden Markierungen umgehend rückgängig.“
„Wir möchten ganz offen und transparent mit diesem Vorgang umgehen, um Schaden vom Verein, insbesondere aber von einem jungen Mann mit einem guten Charakter abzuwenden. Ein Stillschweigen oder Aussitzen ist nicht der Weg des SC Preußen Münster. Gleichzeitig appellieren wir auch daran, von vorschnellen Vorverurteilungen ohne Kenntnis der Hintergründe abzusehen“, sagt Peter Niemeyer weiter.