Kommentar: Vorsicht mit dem Finger Pointing
21. Februar 2022Nach dem Böllerwurf von Essen liegt die Versuchung nahe, den Essener Anhang oder gleich den ganzen Klub von der Hafenstraße zu diskreditieren. Gründe dafür würden gerade Preußenfans viele finden. Aber sauber wäre das nicht. Ein Kommentar.
Die ersten Reaktionen, sicher aus der Wut oder dem Entsetzen heraus, waren eindeutig. Eine Schande für Essen, für RWE, für den Anhang, der ja sowieso ein Haufen von Problemkindern sei. Die Zahnlosen. Das ganze Repertoire an Beleidigungen, das der Fußball und die Rivalität beider Klubs eben so hergibt.
Am Tag danach, etwas abgekühlt, kann der Blick differenzierter ausfallen. Unstrittig muss sein, dass eine solche Körperverletzung weder in Essen noch beim Fußball noch eigentlich irgendwo etwas zu suchen haben sollte. Menschen haben allerdings leider die unangenehme Eigenschaft, Arschlöcher auszubilden, denen gesunder Menschenverstand abhanden kommt.
Es wird nicht, nirgends, jemals möglich sein, Vorfälle wie diesen in Essen auszuschließen. Weder dort noch in Münster oder sonstwo. Es geht einfach nicht, dann müsste man Menschen als Publikum ausschließen. Und nebenbei, weil die Versuchung so schön nahe liegt, solche Szenen gerne dem „Pöbel“, den Asis in der Kurve zuzuschieben: Wer schon einmal Klubverantwortliche, Sponsoren oder sogenannte VIP beim Fußball erlebt hat, ahnt, dass es hier um ein Problem geht, das nur knapp unterhalb einer zivilisierten Fassade liegt. Alkohol, Emotionen, Gruppendynamik: Fußball bringt leidenschaftliche Momente zustande, aber leider auch mal die animalische Seite der Menschen.
Dessen ungeachtet sollten auch Preußen-Fans so viel Reflexion zeigen, nicht gleich das Kind mit dem Bade auszuschütten. Die vergangenen Jahre – so lang muss man nicht zurückschauen – haben auch üble Szenen mit Preußen-Beteiligung zutage gefördert. In Duisburg verletzten Preußenfans mit Pyrotechnik andere Fans des Klubs. In Osnabrück verübte ein geistesgestörter Anhänger des SCP einen Anschlag im Stadion des VfL, der 35 Menschen verletzte. Und Teile der Szene solidarisierten sich damals – mit dem Täter!
So furchtbar lang ist es noch nicht her, dass im Preußenstadion Blöcke gesperrt wurden, Auswärtsfans verboten wurden, weil der SCP-Anhang teilweise über die Stränge schlug. Böller flogen auch in Münster schon aus der Ostkurve. Gab es nicht „gerade“ erst diese Geschichte mit Feuerwerkskörpern, die unter das Tribünendach zischten und einem folgenden Materialverbot durch den Klub? Das war 2019. Alles Geschichten, die noch heute von „preußen-fernen“ Münsteranern gerne und oft herangezogen werden, um die gesamte Anhängerschaft schlecht zu reden. Es müsste also in Münster sehr vertraut klingen, was Essen gerade hört. Einzelne machen für viele alles kaputt.
Das alles soll nicht Essener Probleme mit besonders „betreuungsintensiven“ Anhängern relativieren. Vielleicht hat RWE einiges aufzuräumen, was bisher unter den Teppich gekehrt wurde. Und die „Einzeltäter-Theorie“ dürfte wohl nur insofern stimmen, als dass am Ende eben nur eine Person den Böller geworfen hat – jedoch im Schutz oder mit Billigung anderer. Noch ist ja offenbar kein klarer Hinweis eingegangen, der den oder die Täter/in überführt hätte.
Also: Abwarten. Aber im Kopf behalten, dass so ein Mist grundsätzlich auch in Münster möglich gewesen sein könnte.
„Gut gebrüllt, Löwe“, äh Carsten ! Kann ich nur voll unterstützen !!
CS:
„… liegt die Versuchung nahe, den Essener Anhang oder gleich den ganzen Klub von der Hafenstraße zu diskreditieren. Gründe dafür würden gerade Preußenfans viele finden. Aber sauber wäre das nicht.“
Das stimmt. Um das zu vermeiden, muss man nach diesem Extrem-Ereignis, dass alle echten Fußballfans – nicht nur uns Preußenfans – fassungslos, traurig und wütend macht – auch mal über den schwarz, weiß, grünen Tellerrand gucken… .
Wer mag, hier ein Beispiel: https://www.jawattdenn.de/jawattdenn/ich-sach-ma/der-boellerwurf-auf-menschen-ist-auch-ein-boellerwurf-auf-unseren-verein-wir-fans-muessen-haltung-zeigen.html
Wer jetzt sagt, die sind doch nur an ihrer Reputation, den möglicherweise verlorenen Punkten und dem eventuell jetzt schwieriger gewordenen Aufstieg interessiert [was auch ihr gutes Recht wäre], trifft nur einen Teilbereich der Motivation der Essener Stellungnahmen und – hat es immer noch nicht begriffen:
Diesen Chaoten kann man nur gemeinsam Herr werden – alle Fußballfans aller Vereine gegen diese Chaoten, da muss doch was gehen !!! Es darf keiner sich mehr hinter anderen verstecken können – so wie schon im Preußen-Stadion im Februar 2020 bei der rassistischen Beleidigung von Leroy Kwadwo [Würzburger Kickers] praktiziert. Kein Fan darf Zeugenaussagen, Bild- oder Videomaterial nur deshalb zurückhalten, weil die Kriminellen demselben Verein angehören ! Das gilt für Essen, das gilt für Münster ! Das gilt überall !! Punktum !!!
Ich würde empfehlen, mal unter http://www.zaunfahnen.blogsport.eu und da unter „Rot-Weiß-Essen“ nachzuschauen und dann können wir mal diskutieren, ob die Essener Szene mit der Preußen-Szene tatsächlich vergleichbar ist…Damit sollen allerdings die verhängnisvollen Aktionen von sogenannten Preußen-Fans keinesfalls verharmlost werden…Ich denke nur, dass wir keinesfalls eine Neonazi-Hooligan-Szene wie die Essener haben.
Das sind doch alles Einzeltäter, die nichts mit den Silvester Chaoten Rot Weiss Essen zu tun tun haben
Glücklicherweise darf man sagen, dass Rechtsradikale und Neonazi-Gruppen bisher kaum einen Fuß ins Stadion bekommen haben – und wenn es Versuche gab, wurden die … höflich … abgewehrt, soweit ich das weiß 😉
Moi, moin, schaut in dem zitierten Onlinemagazin -Jawattdenn- nur einen Artikel zurück, zur Spielvorschau gegen Preußen. Da relativiert sich schon wieder manches, so wie der geschrieben ist.
Nur der SCP
Also zum einen hat Carsten natürlich Recht, dass auf keinen Fall alle Essener Fans über einen Kamm geschoren werden sollten. Viele sind echt entsetzt und reagieren so, wie wir das auch tun würden. Allerdings ist bei vielen Kommentaren der Essener Seite (ich meine hier ernstzunehmende und nicht die absoluten Spinner, die sich komplett disqualifizieren) der Ton, dass RWE ja das Opfer dieses Böllerwurfs sei. Und das ist einfach eine krasse Täter-Opfer-Verdrehung. Unsere Spieler müssen um ihre Gesundheit fürchten und fallen aus. Das interessiert aber eher am Rand (meist werden die Besserungswünsche immer auch im Text geschrieben, um unsere Seite abzuspeisen), während die schrecklichen Folgen für den RWE hervorgehoben werden. Da wird auf einen Böllerwurf auf Spieler vom SCP ein Böllerwurf auf den Verein RWE. Keiner von denen ist geschädigt worden, und natürlich ist der Täter auch alles, nur kein Essener. Das ist bei einem Verein, der in jeder Hinsicht (Böllerwürfe, Pyro auf Personen, Angriffe gegen Preußen) Wiederholungstäter ist schlicht nicht glaubwürdig.
Dieser Verein hat ein ernstes Problem mit seinen Fans. Schade ist, dass die Fans anderer Vereine und bestimmt auch 9000 vernünftige Essener Fans darunter leiden müssen. Leider hat der Verein nichts glaubwürdiges dagegen getan. Obwohl eine Abteilung des Vereins schreibt, dass diese Gruppen bekannt sein und nichts unternommen werde wird vom Präsidenten von Einzeltätern gesprochen. Das ist absolut unprofessionell und diese direkte Verteidigungshaltung zeigt, dass sportlich fairer Wettkampf scheinbar nur gewünscht ist, solange es den eigenen Zielen dient