Forum

Der (Fußball-)Markt...
 
Benachrichtigungen
Alles löschen

Der (Fußball-)Markt reguliert sich selbst

5 Beiträge
5 Benutzer
0 Reactions
783 Ansichten
(@mchannes)
Beiträge: 24
Eminent Member
Themenstarter
 

"Mir ist es völlig egal ob der 220 Millionen kostet, oder 440 Millionen [...] es löst bei mir nichts mehr aus. [...] Ich kann keine Unterscheidungen mehr finden, es übersteigt meine Fähigkeit das einzuordnen." Was Christian Streich im Sommer 2017 über den Transfer von Neymar zu Paris SG sagte, konnte ich im Kopf zu 100% unterschreiben. Eine dreistellige Millionensumme ist für jemanden wie mich nicht zu begreifen. Ich kann mir einfach kein passendes Vergleichsobjekt vorstellen. 

Der erste Kommentar unter der Pressekonferenz, welche immer noch auf youtube verfügbar ist lautet wie folgt:

"Hoffentlich kracht dieses System bald zusammen. Diese Summen im Fußball werden mit jeder Saison wahnwitziger. Kein Spieler der Welt ist diese Summen wert. Versagen eh meist am Feld. Diese Blase muss platzen." (GibsonVienna)

Nun, wirtschaftlich wird durch Corona eine Rezension auf uns zukommen, ich glaube damit lehne ich mich nicht allzu weit aus dem Fenster. Könnte die Blase "Fußball" also platzen? Die wahnwitzigen Millionengehälter und Ablösen wieder auf ein einigermaßen normalverträgliches Maß herunter gefahren werden? Ich glaube seriöse Vorhersagen, lassen sich momentan in kaum einem Bereich treffen aber ich möchte einmal meine Gedanken äußern.

Mittlerweile hat sich das Volumen der TV Vermarktung auf 1,16 Milliarden Euro in der letzten Saison gesteigert. Auslangsvermarktung ist hier nicht eingerechnet. Der Branchenprimus aus München lag im Geschäftsjahr 18/19 bei 750 Millionen Euro Umsatz und 336 Millionen Euro Personalkosten (für alle Angestellten). Die Zahlen haben sich in der letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt, im gleichen Zeitraum finde ich beim statistischen Bundesamt eine Inflation von etwa 14%, das Pro-Kopf-BIP ist um 36% auf 41.342€ gestiegen. Man könnte also meinen, dass der Fußball-Markt gut performt hat. Bei den kleinen Vereinen wie unseren Adlerträgern aus Münster kommt davon im übrigen nicht das meiste an, Zahlen die schnell zu finden sind nach dem Aufstieg wären ein Gesamtetat von 7,7 Mio Euro in 12/13 genauso wie in 18/19.

Keine Frage, wir Konsumenten haben das Spiel ja brav mitgespielt, man schaue sich aktuelle Preise für Trikots, Eintrittskarten und Fußballabos doch einfach an. Und bestimmte Fußballer sind Superstars, welche eben nicht an jeder Ecke zu finden sind und damit dann auch einfach extrem gut bezahlt werden. Aber wenn uns Konsumenten jetzt einfach der zusätzliche Euro fehlt, die Prognose eben nicht mehr Wachstum heißt und junge Spieler, welche sich gut entwickeln nicht mehr für einen zweistelligen Millionenvertrag nach England wechseln. Was passiert dann?

Die Fußballbranche an sich ist bislang sehr unreguliert gewesen. FFP nehmen wohl die wenigsten wirklich ernst und die wenigsten Vereine haben wirklich Rücklagen gebildet. Versicherungen gegen den Ausfall von Spielen sind genauso wenig verfügbar. Die Borussia aus Mönchengladbach hat jetzt als erster Verein verkündet, dass Spieler freiwillig auf Gehalt verzichten werden, andere Vereine werden folgen. Aber Personen, wie Watzke oder Rummenigge, welche die hohen Gehälter und abstrusen Ablösesummen damit begründet haben, dass der Markt sie eben hergebe möchte man jetzt entgegenbrüllen, dass genau dieser Markt jetzt eben etwas anderes hergibt. Internationale Wettbewerbsfähigkeit wird zukünftig wohl hinten anstehen, das wirtschaftliche Überleben der Vereine im Vordergrund stehen. Vielleicht wird 50+1 gekippt werden, um Investoren anzulocken, vielleicht wird der Fußball aber auch zukünftig wieder eher im Stadion oder der Sportschau zu sehen sein, einfach weil Menschen ihr Geld für das wesentliche zusammenhalten. "Die Kräfte des Marktes werden es richten."

Ich hoffe wir werden es alle sehen und erleben.

 
Veröffentlicht : 19/03/2020 2:15 pm
Kleini
(@kleini)
Beiträge: 11019
Illustrious Member
 

Ein sehr interessanter Beitrag, danke dafür McHannes. Die Corona Krise ist auch eine Wirtschaftskrise, du hast mit deinen Gedanken vollkommen Recht der Fussballmarkt wird sich regulieren. Die Sponsoren werden sich gewiss nicht mehr in dem gewohnten Maß engagieren können, spannend ist die Frage wie die Investoren reagieren. Ob ein Umdenken im Fussball stattfindet? Die ersten Protagonisten im Fussball haben ja schon signalisiert etwas zu spenden oder ihr üppiges Gehalt zu reduzieren. Wobei man immer die Frage stellen kann ob das für diejenigen nun eine Herzensangelegenheit oder eine PR Maßnahme ist. Die Corona Krise wird unser aller Leben beeinflussen, nicht nur wirtschaftlich, auch ich bin gespannt wie sich das auf das Fussball Business auswirkt.

 
Veröffentlicht : 19/03/2020 6:43 pm
(@estebantdr)
Beiträge: 598
Honorable Member
 
Veröffentlicht von: @mchannes

"Mir ist es völlig egal ob der 220 Millionen kostet, oder 440 Millionen [...] es löst bei mir nichts mehr aus. [...] Ich kann keine Unterscheidungen mehr finden, es übersteigt meine Fähigkeit das einzuordnen." Was Christian Streich im Sommer 2017 über den Transfer von Neymar zu Paris SG sagte, konnte ich im Kopf zu 100% unterschreiben. Eine dreistellige Millionensumme ist für jemanden wie mich nicht zu begreifen. Ich kann mir einfach kein passendes Vergleichsobjekt vorstellen. 

Der erste Kommentar unter der Pressekonferenz, welche immer noch auf youtube verfügbar ist lautet wie folgt:

"Hoffentlich kracht dieses System bald zusammen. Diese Summen im Fußball werden mit jeder Saison wahnwitziger. Kein Spieler der Welt ist diese Summen wert. Versagen eh meist am Feld. Diese Blase muss platzen." (GibsonVienna)

Nun, wirtschaftlich wird durch Corona eine Rezension auf uns zukommen, ich glaube damit lehne ich mich nicht allzu weit aus dem Fenster. Könnte die Blase "Fußball" also platzen? Die wahnwitzigen Millionengehälter und Ablösen wieder auf ein einigermaßen normalverträgliches Maß herunter gefahren werden? Ich glaube seriöse Vorhersagen, lassen sich momentan in kaum einem Bereich treffen aber ich möchte einmal meine Gedanken äußern.

Mittlerweile hat sich das Volumen der TV Vermarktung auf 1,16 Milliarden Euro in der letzten Saison gesteigert. Auslangsvermarktung ist hier nicht eingerechnet. Der Branchenprimus aus München lag im Geschäftsjahr 18/19 bei 750 Millionen Euro Umsatz und 336 Millionen Euro Personalkosten (für alle Angestellten). Die Zahlen haben sich in der letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt, im gleichen Zeitraum finde ich beim statistischen Bundesamt eine Inflation von etwa 14%, das Pro-Kopf-BIP ist um 36% auf 41.342€ gestiegen. Man könnte also meinen, dass der Fußball-Markt gut performt hat. Bei den kleinen Vereinen wie unseren Adlerträgern aus Münster kommt davon im übrigen nicht das meiste an, Zahlen die schnell zu finden sind nach dem Aufstieg wären ein Gesamtetat von 7,7 Mio Euro in 12/13 genauso wie in 18/19.

Keine Frage, wir Konsumenten haben das Spiel ja brav mitgespielt, man schaue sich aktuelle Preise für Trikots, Eintrittskarten und Fußballabos doch einfach an. Und bestimmte Fußballer sind Superstars, welche eben nicht an jeder Ecke zu finden sind und damit dann auch einfach extrem gut bezahlt werden. Aber wenn uns Konsumenten jetzt einfach der zusätzliche Euro fehlt, die Prognose eben nicht mehr Wachstum heißt und junge Spieler, welche sich gut entwickeln nicht mehr für einen zweistelligen Millionenvertrag nach England wechseln. Was passiert dann?

Die Fußballbranche an sich ist bislang sehr unreguliert gewesen. FFP nehmen wohl die wenigsten wirklich ernst und die wenigsten Vereine haben wirklich Rücklagen gebildet. Versicherungen gegen den Ausfall von Spielen sind genauso wenig verfügbar. Die Borussia aus Mönchengladbach hat jetzt als erster Verein verkündet, dass Spieler freiwillig auf Gehalt verzichten werden, andere Vereine werden folgen. Aber Personen, wie Watzke oder Rummenigge, welche die hohen Gehälter und abstrusen Ablösesummen damit begründet haben, dass der Markt sie eben hergebe möchte man jetzt entgegenbrüllen, dass genau dieser Markt jetzt eben etwas anderes hergibt. Internationale Wettbewerbsfähigkeit wird zukünftig wohl hinten anstehen, das wirtschaftliche Überleben der Vereine im Vordergrund stehen. Vielleicht wird 50+1 gekippt werden, um Investoren anzulocken, vielleicht wird der Fußball aber auch zukünftig wieder eher im Stadion oder der Sportschau zu sehen sein, einfach weil Menschen ihr Geld für das wesentliche zusammenhalten. "Die Kräfte des Marktes werden es richten."

Ich hoffe wir werden es alle sehen und erleben.

Sehr beeindruckend.

 
Veröffentlicht : 19/03/2020 9:43 pm
Standfussballer
(@standfussballer)
Beiträge: 2638
Famed Member
 

Nach der Coronakrise wird sich nichts, aber auch gar nichts ändern. Weder politisch noch gesellschaftlich und erst recht nicht beim Fußball.

"Jede Unterdrückung - sei es Sexismus, Rassismus, Antisemitismus - lebt davon, dass sie für die Nicht-Betroffenen unsichtbar ist." Marina Weisband

 
Veröffentlicht : 19/03/2020 10:39 pm
Mattes75
(@mattes75)
Beiträge: 2817
Mitglied Registered
 

Ich glaube schon, dass sich etwas ändern wird. Und zwar, dass die Schere zwischen den Reichen und den Ärmeren und "Armen" Clubs noch weiter auseinander gehen wird. Die Clubs die jetzt schon an der Spitze stehen werden natürlich wirtschafrlichen Schaden nehmen, aber die Clubs die jetzt schon weniger und viel weniger haben werden noch mehr verlieren. Und wer weiß, vielleicht bleiben einige auch auf der Strecke. Dann kommen zwar Neue nach, aber diese werden trotzdem einen riesen Rückstand auf die "Alten" haben.

Und im allgemeinen werden die Ablösesummern mMn ebenfalls fallen, zumindest im Topsegment. Das der BVB deutlich über 100 Mio für Sancho bekommt, das Havertz für 100 Mio wechselt, das kann ich mir nicht mehr vorstellen.

Das sich Gehälter und Ablösen in der Zeit nach der Krise jedoch wieder erholen werden, davon bin ich auch überzeugt. Die TV Gelder werden wenn, dann nur kurzzeitig stagnieren oder sinken, je nachdem wie krass sich die wirtschaftlichen Folgen auf die Rechteinhaber auswirken werden. Und dann wird in 2-3 Jahren wieder der Vor Corona Zustand hergestellt werden. Nur das eben die Schere noch größer geworden ist und es vielleicht einige gewohnte Namen nicht mehr auf der großen Fußballkarte geben wird.

Das Erphoviertel --- Hier schlägt das Herz des Fußballs!

 
Veröffentlicht : 20/03/2020 11:10 pm
Teilen: