Sascha Hildmann setzt Vertrauen in Naod Mekonnen
26. November 2020Es brauchte einige Zeit, ehe Naod Mekonnen beim SC Preußen Münster zum Zug kam. Im vergangenen Drittliga-Jahr trat er kaum in Erscheinung. Wobei „kaum“ im Grunde „gar nicht“ bedeutet, denn Drittligaspiele machte der damalige Neuzugang nicht. Jetzt bekommt er Einsätze.
Im Sommer 2019 gehörte Mekonnen zu den Last-Minute-Einkäufen. Praktisch zum Auftakttraining präsentierte der SCP den Neuzugang von RB Leipzig. Direkt aus der U19 wechselte der damals 19-Jährige zum SCP, sein erster (sportlicher) Ausflug über die Stadtgrenzen Leipzigs hinaus und sein erstes Seniorenjahr.
Malte Metzelder hatte Mekonnen für das Projekt mit Sven Hübscher und „kreative Lösungen“ nach Münster gelockt. Wie das ausging, ist hinlänglich bekannt. Dennoch will Mekonnen die Zeit nicht missen. „Das vergangene Jahr hat mich weitergebracht“, sagt er selbst. „Trotz des Abstiegs hatten wir ja viel Qualität im Kader. Unter diesen Umständen, mit fünf, sechs Einheiten in der Woche: Da schaut man sich viel ab.“ Jetzt hoffe er die Früchte ernten zu können.
Die Zahlen und Daten zum 17. Spieltag
Er sei „gewachsen“, so Mekonnen über sein erstes Seniorenjahr. Nicht nur fußballerisch, auch körperlich. „Klar, am Anfang hatte ich eine Eingewöhnungsphase, aber zum Ende der Saison habe ich mich immer wohler gefühlt.“ Auch das ist vor allem sportlich gemeint, denn wohl hatte er sich im Team und in der Stadt ohnehin. „Das war von Anfang an super.“
Trotzdem: In der schwierigen Saison fand der SCP, fanden die verschiedenen Trainer keinen Platz in der Drittliga-Elf für den Mittelfeldspieler. Experimente waren nicht angesagt, die hektische Schlussphase der Saison machte alles nur noch schwieriger.
Mit dem Abstieg und der teilweise erzwungenen, teilweise erwünschten Fokussierung auf jüngere, talentierte Spieler rückte auch Mekonnen wieder in den Fokus. „Ich hatte anfangs etwas Pech mit kleinen Muskelverletzungen“, erinnert sich Mekonnen an den durchwachsenen Saisonstart. „Und die anderen Jungs haben es natürlich super gemacht, wir spielen ja oben mit.“ Durch die sich häufenden Ausfälle im Mittelfeld rutschte Mekonnen jetzt ins Team. Zuletzt stand der nun 20-Jährige in drei Spielen in Folge in der Startelf. „Ich habe da natürlich von den Verletzungsausfällen profitiert“, gibt Mekonnen zu. „Ich hoffe einfach, dass ich jetzt der Mannschaft genauso helfen kann wie meine Kollegen vor mir.“
Sicher trug die Verletzungsmisere ihren Teil dazu bei, aber Trainer Sascha Hildmann wehrt etwaige Vermutungen über eine Notlösung ab. „Er hat sich das verdient aufgrund seiner Trainingsleistungen“, so Hildmann. „Er stand ja oft nicht einmal im Kader, da tat er mir schon Leid. Aber er hat nie gemeckert.“
In Lippstadt rückte er erstmals in die Startelf. Das sei „ordentlich bis gut“ gewesen, wertet Hildmann. Mekonnen liefert noch manchmal fehlerhafte Spiele oder Spielphasen ab. In Zweikämpfen hat er noch zu oft das Nachsehen, nicht jeder Pass kommt sicher an. Das sind jetzt Lernkurven, die Mekonnen nehmen muss wie seine Kollegen ähnlichen Alters. Davon verfügt der SCP ja einige in seinen Reihen: Remberg, Frenkert, Touray…
Beim 2:1 gegen Düsseldorf II lieferte er eher schwache erste Halbzeit ab. „Da hatte er zu viele Fahrkarten“, kritisierte Hildmann. „Aber das war eben sein zweites Spiel von Beginn an, da muss man einfach Geduld haben.“ Das ist das Credo, das Hildmann voller Überzeugung vertritt, wieder und wieder. „Die Jungs wie Mekonnen, Remberg oder Klann, die strampeln sich gerade frei, das macht einfach Spaß. Und ich sage das immer wieder: Wenn du mit den Jungs trainierst und so viel zurückbekommst, ist das schon cool.“
Mehr Körpersprache
Die jüngste Niederlage in Köln ändert an der grundsätzlichen Einschätzung nichts. Mekonnen lieferte ein passables Spiel ab bis zu seiner Auswechslung, hatte in der ersten Hälfte einmal Glück, dass sein Ballverlust im Mittelfeld nicht zum Gegentor führte. Das ist nun einmal so beim neuen SCP: Es läuft eben nicht perfekt, nicht konstant gut. „Das ist eben die fehlende Erfahrung“, so Hildmann. Von Mekonnen wünscht er sich noch etwas mehr Präsenz. „Er muss noch an seiner Körpersprache arbeiten. Aber das ist eben typabhängig.“ Und noch immer ein Thema beim SCP. Zu nett, zu freundlich, zu leise agiert die Mannschaft manchmal. Und gerade das Duo Klann/Mekonnen kommt eher aus der ruhigen Ecke. Beide müssten einfach lauter werden, mehr sprechen. Im Scherz meinte Hildmann nach dem Düsseldorf-Spiel, er habe Klann überhaupt noch nicht reden gehört. Das sollte eine freundliche Erinnerung an seine Mannschaft sein, einfach mehr Spannung, mehr Wirkung zu zeigen. Das ist im Fußball eben auch gefragt. Von Typen wie Atilgan oder Langlitz könnten sich die eher „Leisen“ noch etwas abschauen.
Mekonnen weiß die Geduld des Trainers zu schätzen. „Er verzeiht Fehler, das vermittelt der Trainer, das lebt er.“ Er könne 100 Prozent im Spiel geben, aber „ob dann jeder Pass ankommt, darüber habe ich nicht immer die volle Kontrolle. Aber ich weiß, dass der Trainer mir deswegen nicht böse ist, solange ich einfach alles gebe.“
Gut möglich, dass für Mekonnen demnächst auch mal wieder ein Bankplatz ansteht. Die Konkurrenz im Mittelfeld ist nicht gerade klein, auch Gianluca Przondziono wird wieder Ansprüche anmelden, Dennis Daube wird zurückkehren. „Das ist Leistungssport“, so Mekonnen achselzuckend. „Ich muss eben versuchen, besser zu werden. Dann vertraue ich darauf, dass der Trainer die beste Elf aufstellt. Das treibt mich jeden Tag an und da kann ich nicht den Kopf in den Sand stecken, wenn ich mal nicht spiele.“