Das Preußenstadion und der Unfug mit der deutschen „Stadion-Rangliste“

Das Preußenstadion und der Unfug mit der deutschen „Stadion-Rangliste“

13. August 2019 3 Von Carsten Schulte

Das Vergleichsportal Testberichte.de hat am Dienstag eine Pressemitteilung verschickt, in der sie ein Stadion-Ranking der drei höchsten deutschen Fußball-Ligen vorgenommen hat. Ganz oben im Ranking steht der Signal Iduna Park, ziemlich weit unten, knapp vor Wiesbaden und Würzburg steht das Preußenstadion.

Das Ergebnis einmal außen vor: Das Ranking ist grenzwertig schwachsinnig und basiert auf völlig zufälligen Wertungen ohne jede Aussagekraft. Es ist ein Beispiel für eine komplette Null-Nachricht, die einzig wegen des Themas eine dankbare überregionale Aufmerksamkeit erlangt hat, und die nun ohne Einordnung und Fragezeichen als „Fakt“ verbreitet wird.

Was daran stört? Nun, wo fängt man an? Vielleicht schon einmal damit, dass die Rede ist von 55 Stadien der „ersten, zweiten und dritten Fußball-Bundesliga“. Es mag eine Kleinigkeit sein, aber es gibt keine „dritte Bundesliga“. Die 3. Liga obliegt der Verwaltung des DFB und ist eben keine Bundesliga. Aber geschenkt.

Grundlage des Stadion-Ranking sind einzig (!) Google-Rezensionen. Rund 240.000 Rezensionen wurden dazu mit ihren Durchschnittswerten erfasst. Bei Google sind Orte mit maximal fünf Sternen zu bewerten. Zwischen der besten Wertung (4,9) und der schlechtesten Wertung (3,9) liegen im konkreten Fall gerade einmal 0,8 Sterne. Nicht gerade die Welt für eine Rangliste mit 55 Stadien, wenn daraus eine Bandbreite zwischen „unbeliebt“ und „beliebt“ gemacht wird.

Dazu kommt dann die grundlegende Frage nach der Relevanz von Google-Bewertungen. Das „acht-beliebteste“ Stadion Deutschlands ist beispielsweise das Städtische Stadion an der Grünwalder Straße in München. Aber das kommt gerade auf 1.944 Bewertungen. München (35.000) oder Dortmund (20.000) liegen da erheblich weiter vorn. Das mag statistisch keine Änderung verursachen, aber die zugrundeliegenden Bewertungs-Zahlen schwanken doch erheblich. Damit geht es schon los.

Ohnehin drängt sich die Frage auf, welche Bedeutung Google-Rezensionen überhaupt haben. Welcher Fußballfan hat eigentlich schon einmal bewusst eine Google-Rezension zur Hand genommen (Pardon, abgerufen), um IRGENDETWAS zu erfahren über ein Stadion? In aller Regel sind Google-„Rezensionen“ schnell hingerotzte Zwei- oder Dreizeiler mit einem schnellen Klick auf die Sternchen.

Das Problem liegt dann in der Behandlung diese Pseudo-Rezensionen. Offensichtlich wurden ja lediglich die Durchschnittsbewertungen herangezogen – aber nicht mehr sortiert, eingeordnet und bewertet anhand vergleichbarer Kriterien.

Beispiel? Da schreibt jemand über das Preußenstadion „Spiel verloren.Daher möchten wir das Stadion so schnell nicht mehr sehen“. Eine Wertung, die also weder mit dem Stadion noch seinem Komfort zu tun hat. Eine Ein-Stern-Bewertung ohne jede Bedeutung und damit vollständig irrelevant. So ist es nicht nur beim Preußenstadion, sondern auch bei vielen anderen Stadien.

Ein weiteres Beispiel einer Ein-Sterne-Bewertung? „Sehr schlechte Bedingungen. Das Personal war teils sehr nett aber in Teilen auch beleidigend.“ Man mag ja nun sagen, was man will. Aber auch hier: Es gibt keinerlei gültige Kriterien für „Google-Rezensionen“. Seit 1989 geht der Autor dieses Textes ins Preußenstadion – aber nicht ein einziges Mal ist hn „beleidigendes Personal“ aufgefallen. Das sind Schwachsinns-Wertungen, die aber von Testberichte.de für eine Bewertung der Stadion-Qualität herangezogen werden.

Weitere qualifizierte Bewertungen über das STADION?

„Weil die Fans nur Pöbeln und Müll machen können.“ (Und das hat dann genau WAS mit dem Stadion zu tun? Anm.d.Red.)

„Nur gut wenn Mann/ Frau nicht muss. Hunger oder Durst hat. Jeweils nur 1 Stand.“ (Was faktisch kompletter Blödsinn ist, Anm.d.Red.)

Und möglicherweise die Oberhärte? „War noch nie da.“ Ein Stern. Grandios.

So ein Schwachsinn hält Einzug in das Ranking, das am Dienstag wirklich auf jeder Fußball-affinen Seite beachtet wurde und verbreitet wurde.

Nun könnte man sagen: Ist ja nur ein Ranking, nicht aufregen. Ist doch nur Unterhaltung. Und das ist im Grunde vielleicht korrekt, aber da es nun einmal eine Pressemitteilung eines Vergleichsportals ist, das sich selbst das „größte deutsche Onlineportal für professionelle Warentests“ nennt, muss man derart sinnlose und grob zusammengeschusterte „Rankings“ eben doch einmal mit einem Fragezeichen versehen. Vielleicht sollte man um dieses Portal mal einen gewaltigen Bogen machen.

Dessenungeachtet: Das Preußenstadion in Münster liegt zu Recht ganz unten im Ranking. Es ist marode, hoffnungslos veraltet, ohne jede Zukunft und mit überschaubarem Komfort.

Dass aber immer wieder mal von Gästefans der „Old-School-Charakter“ des Stadions gelobt wird, spielt im Ranking eher weniger eine Rolle. Angesichts austauschbarer 0815-Bauten in Deutschland besitzt das Preußenstadion längst schon wieder einen eigenen Wert. Man bedenke, dass an den Kassenhäuschen an der Hammer Straße 1963 schon Bundesliga-Tickets verkauft wurden, dass die Spielstätte genau jenes Flair der Vergangenheit besitzt, das heute kaum ein modernes Stadion mehr bieten kann.

Ungeachtet der alten Arena ist das ein emotionaler Wert, den sich auch Preußenfans nicht von themenfernen „Testberichte“-Seiten kaputtreden lassen sollten.

Nächste Woche dann: Das große deutsche Stadion-Ranking, zusammengestellt von der Apotheken-Rundschau.