Fans des SC Preußen Münster: „Fede Nerblo“ melden sich zurück

Fans des SC Preußen Münster: „Fede Nerblo“ melden sich zurück

22. August 2021 1 Von Carsten Schulte

Auf dem Weg zurück zu einem Fußball, wie man ihn vor März 2020 kannte, gibt es kleine Schritte. In immer mehr Stadien werden immer mehr Fans zugelassen. Und auch der SCP begrüßt seine Zuschauer wieder im Stadion. Darunter auch die Ultra-Szene, die lange nichts von sich hören ließ.

Die alte Fanszene des SC Preußen Münster ist passé. Curva Monasteria, Deviants, Gruppo Resistente, das große Dach der Fiffi-Gerritzen-Kurve, alles mehr oder weniger vorbei. Die neue Gruppierung im Preußenstadion nennt sich „Fede Nerblo“, was in der Mischung aus italienisch (Fede = Vertrauen, Glauben) und Masematte (Nerblo = verrückt, bekloppt) wohl andeuten darf, dass man wohl ein bisschen verrückt sein darf, um nach all den Umwürfen in der Fanszene des SCP noch immer da zu sein. Es passt aber ziemlich gut zum großen Kurvenbanner, das ab 2018 eine ganze zeit lang im Stadion hing: „Gezweifelt, aber nicht gebrochen.“

Am Samstag im Grenzlandstadion zu Mönchengladbach trat die neue Gruppe erstmals optisch wie akustisch auf. Im Stadion waren die Mitglieder ja schon vorher, dazu gleich mehr.

Wehende Fahnen, Gesänge: Das war tatsächlich wie früher, vertraut und seltsam zugleich, weil beides so lange fehlte. Im Gladbacher Stadion gaben die rund 350 Anhänger der Preußen natürlich den Ton an, denn die meisten Gladbacher Anhänger dürften wegen des kurz danach folgenden Bundesliga-Spiels in Leverkusen andere Pläne gehabt haben. So verloren sich nur 680 Zuschauer im weiten Oval, davon aber der größere Teil Preußenfans.

Mit Fahnen und ein paar Rauchtöpfen in grün und schwarz war dann auch optisch klar, wer hier zu Gast war. Das alles stieß durchaus auf Zustimmung der Preußen (also zumindest der „rauchlose“ Teil). Torschütze Jan Dahlke steuerte nach seinem Treffer zum 2:1 ohne Umweg in Richtung Gästeblock. „Die Fans da hinten zu sehen… da gibt’s nur eines: Ab in die Kurve und mit ihnen feiern.“ Das tat der Neuzugang dann auch. Ausgiebig.

Auch Trainer Sascha Hildmann war angetan. „Wir haben anderthalb Jahre darauf warten müssen. Ich freue mich, dass unsere Fans nach dem Abstieg unseren Weg so mitgehen. Da ist Aufbruchstimmung, das war schon stark.“ Hildmann ist bekannt dafür, diese Art von Emotionalität von außen zu lieben.

Also: Alles wieder fein? Nicht ganz. Zumindest bis jetzt beschränkte sich die Rückkehr der Fans auf dieses eine Auswärtsspiel. In den Heimspielen gegen den VfL Wolfsburg und Alemannia Aachen herrschte… Stille. Das hatte auch einen Grund, denn die Gruppierung protestiert gegen die städtischen Auflagen – Maskenpflicht und alles andere.

1. Spieltag 2021/2022: Preußen Münster – Alemannia Aachen 2:1. Protest der Preußenfans vor dem Spiel gegen die Auflagen der Stadt.

Das Irrationale daran ist, dass der Protest an die Stadt Münster gerichtet ist und nicht dem Klub SC Preußen gilt, der hier nur ausführendes Organ sein darf. Aber ob im Stadion Fahnen wehen oder Gesänge erklingen, dürfte „der Stadt“ herzlichst egal sein. Dieser Protest erreicht niemanden, wird außerhalb des Stadions gar nicht zur Kenntnis genommen. Da könnte man ebenso gut einen Protestbrief formulieren und den in eine Flasche stecken und in die Aa werfen.

Die einzige Partei, die darunter „leidet“, ist der Klub mit seiner Mannschaft. Denn Aachen beispielsweise war jüngst alles ziemlich egal, aber dort hielt sich auch niemand an die Auflagen. Masken? Gab es im Gästeblock praktisch nicht. Dafür waren die Aachener im Preußenstadion akustisch eben auch Chefs im Ring.

Die Frage kann man wohl stellen, warum der Protest gegen die Stadt ausgerechnet im Stadion formuliert werden muss? Warum dann nicht vor das Rathaus oder Stadthaus stellen? Das wäre viel wirkungsvoller. Zumal ziemlich unstrittig sein dürfte, dass die laute Unterstützung von außen eine Mannschaft auch tragen kann – und eben diese Mannschaft kann ja nun letztlich gar nichts für die Auflagen und Regelungen. Also: Richtiger Adressat, falscher Ort.

Vielleicht ändert sich die Lage nun, da auch Gästefans wieder zugelassen werden und die Maskenpflicht während des Spiels in weiten Phasen entfallen darf – so wie zuletzt im Pokalspiel gegen Werl-Aspe. Zu hoffen wäre es, denn wie viel von Fußball durch Fußball-Atmosphäre zurückkehrt, hat das Spiel in Gladbach gezeigt.

Die sinnlose, weil stets ergebnislose Debatte darüber, ob nun Pyrotechnik gleich welcher Form sein muss, wird an dieser Stelle nicht geführt. Die einen mögen es, die anderen nicht, verboten ist es, alles bekannt, alles tausendmal besprochen. Es ist wie es ist. Eine Kurve, in der es manchmal etwas wild zugeht, ist allemal spannender als die Stille der vergangenen 16 Monate.

Party nach Abpfiff.